Dezember 10, 2024
Pünktlich um 7:00 Uhr starteten wir mit unserem geschätzten Busfahrer Armin. In Fahrtrichtung Nord/ Nord Ost steuerte er uns vorbei an Feldern, begonnen mit lehmigen Böden und weiter in die sandigere Region mit intensiver Beregnung. Ein erster Anblick fürs landwirtschaftliche Auge. Wir verlassen Niedersachsen und überqueren die Elbe, Zeit für eine entspannte Brötchenpause bei frühsommerlichen Temperaturen. Angekommen an der ersten Station in Kietz, Brandenburg, empfing uns Martin Habermann de la Motte auf der Lenzer Wische Rinderzucht GmbH. Eindrucksvoll – zielgerichtet – organisiert – Das sind wohl treffende Worte, diese Vorstellung zu beschreiben. Martin, der sich vom Erntehelfer zum Betriebsleiter katapultierte, zeigte keine Scheu vor großen Entscheidungen und vor allem Entwicklergeist. Auf ganz klarem Weg geht es jeden Tag ein Stückchen weiter, immer im Fokus das Tier und seine Bedürfnisse. Zumindest machte es trotz der Größe von 1300 Milchkühen keinen Eindruck, dass sich das Tier dem Umfeld und dem System beugen muss. Eher andersherum – Das System wird dem Tier angepasst, wie die intensive Kälberversorgung der ersten Stunde beispielhaft zeigt. In monatlichen Schulungen mit Tierärzten werden die Mitarbeiter fortwährend für ihre täglichen Arbeiten weitergebildet. Und draußen ist es nicht weniger strukturiert. In der Biosphäre mit seinen unterschiedlichen Bewirtschaftungsauflagen sind über 2000 ha Gras zu ernten, nebst 800 ha ertragsstarkem Ackerbau. Und an Ideen mangelt es nicht, angefangen beim Acker mit Roboter- und Drohneneinsatz und weiter in der Tierhaltung mit planvollem, einfachem Umbau der Jungviehställe hin zu 3000 Melkenden auf höchstem Niveau. Sehr interessant, spannend und mit einem Management, das beispielhaft und erfolgreich vorangeht.
Als nächste Vierbeiner sollten wir das niedersächsische Wappentier in „Mecklenburger Art“ besichtigen. Nach einer Stärkung marschierten wir über das „Redefiner Landgestüt“. Herrschaftlich herausgeputzt, präsentieren sich die Stallungen und vielen Hallen. Ganz der Zucht verschrieben, wahren die 140 eingestallten Hengste das Genmaterial der Mecklenburger und der gesamtdeutschen Warmblutpferde. Wir konnten die herausragenden Trainingsbedingungen sehen und einen Hauch davon erahnen, wie das große „Redefiner Reitturnier“ aussehen muss. Unter der Leitung des Landwirtschaftsministeriums wird diese Kulturgeschichte um das Pferd hoffentlich erhalten bleiben.
Als letzte Station des ersten Tages kamen wir in Schwechow an. Umsäumt von 500.000 Obstbäumen präsentiert sich die Obstbrennerei Schwechow als äußerst gepflegt und vor allem „geschmackvolle“ Anlage. Unter dem amüsanten Führer lernten wir, wie hier so manch edler Schluck hergestellt wird. Und wir durften ihn auch Verkosten. Der ein oder andere schmeckt wohl noch heute die intensive Pflaume – ein Genuss! In diesem sommerabendlichen Ambiente ließ es sich bei guter Unterhaltung entspannen und entdecken. Manchmal ist es eben doch ganz gut, wenn reich gewordene Kaufleute ein Faible für entlegene alte Gehöfte entwickeln und sie – zu unserer Freude – wiederherrichten.
Im Feierabend angekommen, ließen wir es uns schmecken und genossen ein paar Stunden in Schwerin. Bis es dann hieß: ab in die „Schlafsäle“ zum Ausruhen. (Ein Witz, den nur diejenigen Reiselustigen verstehen, die dabei waren 😉
Der zweite Tag begann gut gestärkt mit einem Spaziergang durch den schönen Park des Schlosses zu Schwerin. Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg, ließ dieses Prunkobjekt errichten und empfing hier alle politischen und sonstigen Gäste. Mit insgesamt 600 Zimmern eher „klein gehalten“, aber durchdacht und so auch heute noch in Nutzung, unter anderem als Sitz des Landtages und mit Büros vieler Parteien. Und natürlich mit dem sehenswerten Museum. Wir bekamen einen Einblick in die Geschichte und Lebensweise dieser Herzoglichen Familie. Imposant, wie diese Zimmer und Bauweisen auch heute noch überdauern und ihren Glanz versprühen.
Und dann der Kontrast zum vorherigen Tag… zu Gast bei Fee Spindler, eine gut ausgebildete Landwirtin, die nach eigenen Aussagen mehr bio als konventionell ist, aber „doch bitte kein Öko-Hippie“. Fee, die so spontan eingesprungen ist, fast genauso spontan, wie sie sich mit zarten 23 Lenzen entschloss, den „Siebengiebelhof“ in Drenkow von eben jenen „Öko-Hippies“ zu übernehmen. Rein ins Blaue, rein in die Arbeit, Hauptsache auf eigenen Füßen stehen, wo sie doch keine Aussicht auf ein Hoferbe hatte. Und mit Kühen arbeiten, das war wichtig. So stehen heute 30 Milchkühe, eine bunte Herde aus Rotbunt DN, Schwarzbunt und Angler, in muttergebundener Kälberaufzucht auf dem Hof. Auch ein paar Sattelschweine werden zur Verwertung von Abprodukten aus der eigenen Hofmolkerei gemästet. Wie viel Arbeit es mit den Tieren, 100 % Pachtland, Schuldenübernahme, wechselndem Mitarbeiterstamm auf 100 ha in 100 % biologischer Bewirtschaftung, dazu mit eigener Käserei, Bäckerei und Hofladen sein würde, hatte auch sie unterschätzt. Und so kämpft sie sich von Tag zu Tag bei diesen preislichen Zwängen des Milchmarktes – sieht es gar als Herausforderung! Eine Frau mit einem Ziel, sie kann es noch nicht genau definieren, aber sie wird ihre Entscheidungen treffen und ankommen. Das wünschen wir ihr.
Mit so vielen Eindrücken bepackt, traten wir unsere Heimreise an und hatten noch einige Stunden viel zu erzählen.
Mit Vorfreude aufs nächste Jahr,
Ihre Reiseleitung Maria Buhr und Silke Könnecker
„Bestens organisiert und strukturiert ist die Milchviehaltung auf dem Betrieb „Lenzer Wische Rinderzucht GmbH“. 1300 Kühe bei bester Gesundheit und gut strukturierte Arbeit seitens der Mitarbeiter und Technik“